Ayurveda, die traditionelle vor ca. 6000 Jahren in Indien entstandene Heilkunst, ist ein Paradebeispiel dafür, wie Erfahrungswissen und eine ganzheitliche Betrachtung des biologischen Systems Mensch zu beeindruckenden Heilerfolgen gerade bei chronischen Krankheiten führen kann. Methoden wie Ayurveda oder die „Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)“ spiegeln sich heute im Ansatz der „Systemischen Biologie und der Systemischen Medizin [1]“ wieder, sind aber lange Zeit in der westlichen, mechanistisch orientierten Schulmedizin komplett negiert und abgelehnt worden.

In Sanskrit bedeutet Ayu „Leben“ und Veda bedeutet „Wissen oder Wissenschaft“. Ayurveda kann somit als die Wissenschaft des Lebens gedeutet werden. Diese „Wissenschaft vom Leben“ ist ein ganzheitliches Heilsystem, das dazu bestimmt ist, die Gesundheit und Langlebigkeit zu fördern (Salutogenese) statt sich auf die Behandlung einzelner Symptome (westliche Medizin) zu konzentrieren. Die spezifische Körperverfassung oder Konstitution eines Menschen („Prakriti“) wird auf der Grundlage von drei Lebensenergien oder „Doshas“, nämlich Vata (Grundprinzip Veränderung), Pitta (Grundprinzip Umwandlung), Kapha (Grundprinzip Trägheit) definiert. Ein Ungleichgewicht in diese Doshas führt zu einer Erkrankung. Um das Gleichgewicht wieder herzustellen, empfiehlt der Ayurveda-Arzt eine maßgeschneiderte Therapie auf der Basis der „Prakriti“ eines Individuums. Doshas können durch Lebensmittel und die Art von Lebensstil, die man führt, beeinflusst werden.

Ganzheitlicher Ansatz
Ganzheitlich ist das Markenzeichen der Behandlung im „Ayurvedischen System“. Dies bedeutet, dass ein Heilkraut oder ein Medikament alleine das Ungleichgewicht von „Dosha“ nicht heilen würde. Daher wird traditionell in den meisten Fällen, eine Kombination von Kräutern und Pflanzen (die auch Teil der Grundnahrungsmittel seien können) für die Behandlung empfohlen. Das Ganze wird ergänzt durch Darmreinigung, Bewegungsübungen (z.B. Yoga) und meditative Techniken. Aryuveda stellt wahrscheinlich die älteste Empfehlung für eine kombinatorische „Multi-Target-Therapie“ dar.

Aryuveda und das Potenzial für die Behandlung der MS
Es war der deutsche Arzt Rudolf Virchow an der Charité, der im neunzehnten Jahrhundert eine Verbindung zwischen Entzündung und Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Lungenerkrankungen, neurologischen Erkrankungen und anderen chronischen Erkrankungen vorgeschlagen hat. Umfangreiche Forschungen innerhalb der letzten drei Jahrzehnte haben diesen Ansatz bestätigt und die molekularen Grundlagen für die meisten chronischen Erkrankungen wurden identifiziert. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Transkriptionsfaktor, Nuclear Factor-kappaB (NF-kB), der über 500 verschiedene Gen-Produkte steuert, und als Hauptvermittler der Entzündung gilt. Somit haben Mittel, die NF-kB hemmen das Potenzial eine chronische Entzündung zu verhindern oder abzuschwächen. Das gilt auch für die MS (siehe Abbildung).

Mit Bezug darauf sind Untersuchungen zur Verwendung von Ayurvedischen Heilpflanzenkombination ein lohendes Forschungsfeld. Inzwischen wurden mindestens 200 verschiedene Pflanzen, die in Ayurveda zur Behandlung von chronischen Erkrankungen verwendet wurden beschrieben [Aggarwal 2011]. Viele wenn nicht alle diese Pflanzen, bzw. deren aktive Komponenten, haben Auswirkungen auf NF-kB und somit die Entzündungswege bei chronischen Erkrankungen. Einige Wirkstoffe werden derzeit auf präklinischem Niveau untersucht und in ersten Studien an MS-Patienten eingesetzt (z.B. Weihrauch, Schwarzkümmelöl und Kurkuma). Für MS-Patienten bietet Ayurveda daher eine Möglichkeit einen ganzheitlichen Behandlungsansatz praktisch risikofrei und mit potenzieller Wirksamkeit umzusetzen.


Literaturhinweise
[1] Wühr, Erich (2011): Systemische Medizin. Auf der Suche nach einer besseren Medizin. 2. Aufl. Bad Kötzting, München: Verl. Systemische Medizin.

Version: Life-SMS 04.10.2014