Was bedeutet das denn nun, im Detail? Und wieso? Gesättigte, ungesättigte, mehrfach ungesättigte, gehärtete, Transfette – die Welt der Nahrungsmittel scheint aus zirka acht Milliarden verschiedenen Fetten zu bestehen, wer will sich da auskennen? Wir (Patienten) jedenfalls nicht, also rasen wir abschließend im metaphorisch komplett unpassenden Schweinsgalopp durchs Gelände und würdigen den derzeitigen Wissensstand ein paar flüchtiger Blicke:

Gesättigte Fette sind im Großen und Ganzen die, die in Fleisch und anderen tierischen Produkten vorkommen und zeichnen sich auf molekularer Ebene dadurch aus, dass die Kohlenstoffatome in den einzelnen Ketten aneinander gebunden sind, also keine weiteren Wasserstoffatome aufnehmen können, selbst wenn sie irgendwo auf welche treffen. Diese Fette sind satt und bei Raumtemperatur fest oder annähernd fest.

Existiert eine Doppelbindung zwischen irgendwelchen Atomen auf der Fettkette, ist das Fett einfach ungesättigt, das heißt, es ist flüssig, hat Platz für ein irgendwo herumfliegendes, unbenutzes Wasserstoffatom und heisst unterm Strich entweder Omega-9 oder „einfach ungesättigt“ – Sie haben diese Variante z. B. als Olivenöl zu Hause im Schrank stehen. In Sachen Immunabwehr sind diese Fette resp. Öle vernachlässigenswert, sie richten diesbezüglich keinen Schaden an, nützen aber möglicherweise auch nicht viel. In Sachen Gesundheit nützen Sie allerdings jedermann.

Olivenöl: kaltgepresst (-> vorsicht, Deklarationsfalle: 140 Grad). Nur „natives Ölivenöl extra“, sonst nichts. Die Fettsäuren sind hier nicht besonders auffällig, aber hinsichtlich der Begleitstoffe, die vielleicht sogar noch wichtiger sind: der wichtigste, Oleuropein, kommt nur in traditionell hergestellten, also nicht raffinierten Olivenölen vor. (und: klar kann man mit den meisten braten, solange sie nicht zu rauchen anfangen. Aber wer so kocht, sollte eh essen gehen). Herzinfarktrate ist auf Kreta am niedrigsten, wo alles in Olivenöl ersäuft wird.

Mehrfach ungesättigte Fette sind jene, die an mehr als einer Stelle auf ihrer Kohlenstoffkette Platz zum Andocken für Wasserstoffatome haben und werden auch „essentielle Fettsäuren“ genannt, weil sie nicht vom Körper selbst gebildet, sondern von außen zugeführt werden müssen. Diese essentiellen Fette fallen wiederum in zwei Kategorien, die nach der Stelle bezeichnet werden, an der sich das erste freie Hydrogen-Atom auf der Kette befindet (für Kleinliche: vom Omega-Ende der Kette aus gesehen). Im Volksmund also „Omega-3“ und „Omega-6“-Fettsäuren. Populär sind inzwischen beide als Gesundmacher, und das zu Unrecht, weil die Unterschiede gravierend sind; die wichtigsten Omega-3s sind Fischöle, Hanf- und Leinöl, die wichtigsten pflanzlichen Omega-6-Lieferanten Sonnenblumenöl, Distelöl und Maisöle.

Nicht sonderlich schlau ist es, Omega 3 und 6 in eine Discountertüte zu werfen und davon auszugehen, dass beides schon gesund sein wird, erst recht, weil da ja inzwischen überall „Bio“ draufsteht. Schon gar nicht schlau ist das, wenn man an einer chronischen entzündlichen Erkrankung des Nervensystems leidet oder es einfach so und unchronisch mit den Nerven hat, weil die Kinder zu laut waren, der Chef doof oder eh gerade alles furchtbar stressig ist. Dann nämlich braucht ihr Körper garantiert nichts, was Entzündungen begünstigt, sondern ölige Entwarnung.

Und während Omega-3, platt gesagt, Entzündungen vorbeugt, macht Omega 6 das Gegenteil: es begünstigt sie.

Dazu ein letzter Ausflug in die wunderbare Welt der Kleinchemie. Um sich wohlzufühlen bei seiner ständigen Erneuerungsplackerei, braucht Ihr Körper täglich zirka 1,25 Gramm Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) (FN: Empfehlung der British Nutrition Foundation). EPA und DHA kommen in gewissen Ölen und Fischen vor, nämlich den Omega-3s, sonst nicht. Omega-3 heißt unter Fachleuten auch Alpha-Linolensäure (ALA) und ist in Leinöl, Sesamöl, Rapsöl, Walnussöl und Sojaöl enthalten. Ihr Körper zerlegt diese ALA unaufgefordert in Eicosapentaensäure (EPA), die eben auch in Kaltwasserfischen enthalten ist (sofern die nicht von einer Farm kommen). Allein aus Öl kriegt ihr Körper den Bedarf allerdings nicht gedeckt, das heißt, Sie brauchen etwas Fisch. EPA wird dann dann wiederum auf diversen Wegen von ihrem Körper zu Prostaglandinen, Leukotrinen und ähnlichem Kleinkram zerlegt, der unterm Strich gerinnungs- und entzündungshemmend wirkt und gut ist für Hirn, Leber und Augen.

Da sich die in den genannten Ölen und Fischen enthaltenen Mengen an EPA und DHA gehörig unterscheiden, kommt ihr Körper am einfachsten auf seine Kosten, wenn Sie fette Fische wie Thunfisch, (politisch komplett unkorrekt, aber für uns gesund), Makrele, Hering und Lachs zu sich nehmen. Weniger geeignet sind Karpfen und Forellen, aber wenn Sie viel Fisch essen, tun´s die auch. Und was die Pflanzenöle betrifft: Leinöl ist konkurrenzlos, der Alpha-Linolen-Gehalt liegt bei 57%. Rapsöl schmeckt zwar manchem besser, hat aber nur 9% ALA. Und da Sie das Zeug nicht erhitzen dürfen, werden Sie so wenig wie möglich davon täglich essen wollen. Also: her mit dem (möglichst nicht so vielen) Leinöl – und bei Interesse vorher noch mal die neuesten Daten aus der HOLISM-Studie (Prof. George Jelinek) aufschlagen, die Schubrate bei schubförmig verlaufender MS wird hier bei täglichem Leinölverzehr als um 60% reduziert angegeben.

Auf der anderen Seite des Regals stehen die Omega-6-Fette, die auch als Linolsäure reist (und eben nicht als Linolensäure). Der Bedarf daran ist bei den meisten von uns „gut gedeckt“, wie Ernährungsexperten vorsichtig raunen, das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 liegt irgendwo zwischen 20:1 und 8:1, empfohlen wird von Fachleuten (mit bescheidenem Hüsteln) ein Verhältnis von 5:1, weil alles andere praktisch nicht durchsetzbar wäre (wenn auch gesünder). Unsere Vorfahren jedenfalls (die mit den Keulen) nahmen Omega-6 und Omega-3 im Verhältnis 1:1 zu sich.

Das Problem mit Omega-6, der ebenfalls essentiellen Linolsäure ist, dass sie im Körper zunächst zu Gamma-Linolensäure (GLA und DGLA) zerlegt wird und von dort aus unter anderem zu Arachidonsäure (AA).  Die allerdings ist dann wieder nicht-essentiell und größtenteils Abfallprodukt von Nahrungsmitteln, die tierischer Herkunft sind. Und wirkt – anders als ihre Gegenspieler aus der Omega-3-Familie – entzündungsfördernd.

Die tägliche durchschnittliche Einnahme von AA liegt beim durchschnittlichen deutschen Esser bei etwa 300 mg/tag, obwohl der oder die nur 0,1 mg benötigt. Der Rest ist dem Körper lästig und wird in entzündung- und gerinnungsfördernde Eicosanoide zerlegt. Geistesgestörte kommen am schnellsten mit Schweineschmalz auf ihre Kosten. 100 Gramm davon enthalten 1700 mg AA, also genug, um den Bedarf eines gesunden Organismus für ein ganzes Jahr zu decken.

Kurz und binsenweis: Leinöl (aus der Schneckenpresse) ins tägliche Müsli. Und 2-3 x wöchentlich ölhaltigen Bio-Fisch essen oder mit Fischöl aus Wildfang supplementieren.

Zu den teilweise gravierenden Haken (sic) resp. Beschaffungsproblemen kommen wir gleich. Aber MS-Kranken, anderen Nervenopfern und den sturen Schulmedizinern, die beim Studium dauernd Kreideholen waren, sei doch ein für alle Mal hinter die Löffel geschrieben, was jeder Vierjährige mit DSL-Anschluss binnen ein paar Monaten gesichert erfahren kann: Rund 30 % der Fettmasse des Gehirns bestehen ursächlich aus der Omega-3 Fettsäure DHA. Myelin ist Fett. Omega-3 kommt bevorzugt in fetten Fischen und Leinöl vor und ist entzündungshemmend.

Ganz gleich, was Sie als Betroffener sonst noch so treiben, von Sport bis Copaxone, von der Kündigung bis zur Scheidung: tun Sie sich was Gutes und berücksichtigen Sie diese Binsenweisheiten ihrer internen Gehirnmonteure.
Sie brauchen das Ding noch länger.

Ausführliches zum Thema Fettsäuren und MS im Faktenblatt!