Dass Kuhmilch kein Kalziumlieferant ist, sondern ein Kalziumräuber, sollte inzwischen sogar den aufmerksamen Lesern von Wartezimmerzeitschriften bekannt sein, ebenso, dass Osteoporose dort, wo keine Kuhmilch getrunken wird, praktisch unbekannt ist. Ebenso bekannt dürfte sein, dass haufenweise Menschen (speziell asiatischer Herkunft) laktoseintolerant sind, von Milch also schlicht krank werden. Was uns natürlich egal sein kann, da wir keine Asiaten sind. Sondern gewöhnt an Milch.

Allerdings machen sich nur die wenigsten von uns klar, dass Milch auch für uns „Tolerante“ ein komplett unnatürliches Nahrungsmittel ist. Milch, direkt aus der Kuh, ist ein prima Getränk für kleine Kinder. Kleine Kuhkinder. Milch aus der eigenen Mutter ist auch für Menschenkinder ein prima Getränk. Aber um nach Erreichen des circa dritten Lebensjahrs groß und stark zu bleiben, mit festen Knochen, braucht man eben keine Milch. Obendrein vergleichen wir unbewusst Äpfel mit Birnen, meinen also nicht Milch, wenn wir an „Milch“ denken. Originalkuhmilch besteht nämlich vor allem aus Wasser und Fett. Lässt man diese stehen, setzt sich das Fett oben ab. Das ist dann der Rahm, daraus lässt sich prima Butter machen. Oder Käse, im Zuge eines förmlich „natürlichen“ Verderbs. Den flüssigen Rest kann man trinken, aber der schmeckt ziemlich öde. Außerdem vergammelt das natürliche Produkt ziemlich schnell. Selbst wenn man es kühlt. Länger als drei Tage sollte man das auf keinen Fall stehen lassen – und erst recht auf keinen Fall trinken.

Unsere ultrahocherhitzte und vor allem „homogenisierte“ weiße Farbe im Supermarkt hingegen ist ein Kunstprodukt, komplett denaturiert und offenkundig nicht ungefährlich. Denn um den natürlichen Zersetzungsprozess zu stoppen, nimmt der begabte Lebensmitteldesigner Wasser und Fett der Milch und zertrümmert beides in allerwinzigste Teile, die in der Natur nicht vorkommen. Eine Hochgeschwindigkeitszentrifuge durchsiebt und zerlegt die Moleküle, und die Mutation, die auf der anderen Seite des Schirms wieder zusammenfließt, heißt bewusst irreführend immer noch Milch. Die wird dann noch sicherheitshalber sterilisiert und totgekocht, und danach hält sie sich in Tetrapack-Plastik wochen- oder monatelang im Regal. Als H-Milch hält sich das Produkt fast so lange wie Atommüll.

Das Ergebnis: Konsumenten von Milch und Milchprodukten nehmen haufenweise denaturierte Moleküle zu sich, die sich im Körper neu organisieren. Bevorzugt im Darm, um nach der Neukomposition die Darmwand problemlos zu durchdringen und  anderswo anzudocken. Mit Pech landen die molekularen Endergebnisse dann auf der Abschussliste Ihres Immunsystems, weil sie körpereigenem Gewebe durchaus ähneln, aber nicht so ganz. Und werden folglich gekillt. Sollte Ihr Immunsystem nun nur noch einen Hauch übers Ziel hinausschießen und Ihr verdammt ähnlich zusammengesetztes Myelin ebenfalls für körperfremd halten, haben Sie ein Problem. Und das können Sie dann gern MS nennen.

Diese abenteuerlich klingende Herleitung ist inzwischen gut belegt. Studien aus Kanada und Deutschland zeigen, dass mehrere Kuhmilchproteine von den Immunzellen MS-Kranker aufs Korn genommen werden und dass bestimmte Milchproteine jenem Bestandteil der Myelinschicht ähneln, die bei der MS von körpereigenen Abwehrzellen zerstört wird.1) Damit dürfte einer der maßgeblichen Schubauslöser identifiziert sein, und selbst wenn weitere Studien erforderlich sind, um den Zusammenhang weiter zu belegen, wird kein MS-Kranker auch nur einen Tag länger zu Milchprodukten greifen.

Verwiesen sei dennoch abschließend auf Harold Fosters2) höchstens leicht spekulative Vermutung, dass MS gerade deshalb mit dem Kuhmilchkonsum korreliert (und bei nicht-gestillten Kinder häufiger vorkommt als bei gestillten), weil Kuhmuttermilch (für Kälber) vier- bis fünfmal soviel Kalzium enthält wie die Menschenmuttermilch. Das hat gute Gründe: Kälber müssen schnell wachsen und schnell starke Knochen entwickeln, denn es könnte ja sein, dass sie vor einem Raubtier flüchten müssen. Nachdenken müssen sie eher weniger, das Gehirn ist für Kühe höchstens zweitrangig, deshalb enthält die Kuhmuttermilch nur halb so viel Milchzucker wie die Menschenmuttermilch. Milchzucker nämlich fördert die Myelinbildung, und gesundes Myelin brauchen wir Menschen (längst bekannt) für ein gesund funktionierendes Gehirn und Nervensystem. Die Nestlé-Pulver-Fütterei auf den Neugeborenenstationen und die dauernde Milchverpflegung unserer Kinder wird uns also nicht nur immer jüngere MS-Patienten bescheren, sondern auch jede Menge riesenhafter Deppen mit starken Knochen. Gut, das ist natürlich auch eine Maßnahme, um den Pflegenotstand zu beheben, aber sofern Sie Ihre Kinder lieber an der Uni sähen: Ersparen Sie ihnen die Milch.
Und sich selbst erst recht – sofern Sie eine bessere Chance haben wollen, Ihre MS zu beruhigen.

P.S.: Ziegenmilch kommt ohne den Homogenisierungs-Kunstgriff aus, denn sie enthält deutlich mehr mittel- und kurzkettige Fettsäuren als Kuhmilch – weshalb die enthaltenen Fettmoleküle kleiner und leichter verdaulich sind, sprich: leichter vom Menschenkörper zu verwerten. Ziegenkäse könnte also in Maßen auf Ihren Speiseplan passen, aber für den Frühstückskaffee ist ein Versuch mit Reis- oder Mandelmilch vermutlich aussichtsreicher.

© SB/lsms/Ludwig Verlag, München 2015, 04/2015


Literatur:
1) Jelinek, a.a.O., S. 83 ff.
2) Foster: What really causes mutiple sclerosis, gratis online: www.hdfoster.com